Wald­ge­nos­sen­schaft als Zu­kunfts­modell

Interview mit Markus Wolff von der Waldgenossenschaft Remscheid zu Status quo und Perspektive unseres Waldes.

Privater Waldbesitz ist in vielen Fällen durch Erbteilung zu Kleinstflächen auseinanderparzelliert – im Bergischen Land auf durchschnittlich unter zwei Hektar pro Eigentümer. Eine lohnende Bewirtschaftung ist damit kaum mehr möglich, so dass viele Walderben einen Ausweg in interessierten Käufern suchen. Dann finden sich unter anderem Investoren mit Kahlschlagplänen. Denn bis zu zwei Hektar dürfen in NRW ohne Genehmigungen entwaldet werden.

Um das zu unterbinden und den Wald stattdessen nachhaltig zu bewirtschaften, wurde vor 6 Jahren die Waldgenossenschaft Remscheid gegründet. Inzwischen bewirtschaftet sie ziemlich genau 70 Hektar Wald und zählt 232 Mitglieder – seit kurzem auch die Panterito Stiftung.

Markus Wolff ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft – und gleichzeitig Leiter des Remscheider Stadtforstamtes, denn erst ein Zusammenschluss macht für die Genossenschaft möglich, wovor Privatbesitzer kapitulieren. Er hat mit Kristina von Panterito über Zustand und Zukunft des Waldes gesprochen.

Herr Wolff, es wurde in den Medien viel berichtet über die Trockenheit, die Waldbrände, die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald. Spüren Sie das an Ihren Waldflächen?

Selbstverständlich. Es gibt keinen Wald in Deutschland, in Europa, der aktuell nicht irgendwie sichtbar oder noch unsichtbar vom Klimawandel betroffen und damit auch gestresst ist.

Was sind die typischen Zeichen?

Vitalitätsminderung von Bäumen. Die sind einfach geschwächt. Drückt sich aus in Anfälligkeit gegenüber Schadorganismen, sie verlieren frühzeitig ihr Laub oder werden, wenn es Fichten oder andere Nadelhölzer sind, schnell trocken und dann braun.

Aber wir stehen noch relativ gut da. Das Bergische Land ist eins der Hauptschadgebiete in NRW. Ich hatte letzte Woche noch eine Führung mit einer Schulklasse in unserem Wald und da ist mir aufgefallen, dass wir aufgrund unserer Bewirtschaftungsform noch vergleichsweise gut bis sehr gut dastehen.

Was machen Sie anders?

Wir machen das nicht anders in der Waldgenossenschaft wie in unserem Stadtwald – beides wird sogenannt „naturgemäß“ bewirtschaftet. Das sind Kriterien der ANW, Arbeitsgemeinschaft naturgemäße Waldwirtschaft, die unter anderem darauf setzt, den Wald zu frühzeitig verjüngen, dadurch mehr Struktur, mehr Vielfalt, mehr Mischung reinzubekommen und dann sind die Bäume einfach vitaler und widerstandsfähiger.

Was sind die größten Herausforderungen, die jetzt auf die Genossenschaft zukommen? Einerseits natürlich Anpassung an Klimawandel, aber auf der anderen Seite gibt es auch die Frage, wie eine Wirtschaftlichkeit erreichbar ist – oder ist das gar nicht der Fokus?

Natürlich, also Wirtschaftlichkeit im Sinne einer schwarzen Null. Das ist auch in Anbetracht des Holzpreisverfalls eine Herausforderung, gar keine Frage. Aber es deutet sich an, dass jetzt aufgrund dieser gesamtpolitischen Bewusstseinsänderung der Wald zunehmend in den Fokus kommt, und dass wir neue Märkte erschließen können. Dass wir beispielsweise für CO2-Speicherung Erträge erzielen können, dass wir für Ökosystemdienstleistungen zukünftig honoriert werden und für viele andere Dinge, wo man jetzt gespürt hat, dass es ohne Wald oder mit weniger Wald einfach nicht geht.

Erst Ende September beim „Nationalen Waldgipfel“ wurden vor Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner weitere Gelder in Millionenhöhe für die Beseitigung der Schäden zugesichert. Entscheidend ist jetzt, dass die dringend benötigten Mittel richtungsweisend eingesetzt werden. Wenn Gelder statt als Flächenpauschale an Maßnahmen für Ökosystemleistungen gekoppelt sind, fördern sie langfristig den Umbau von Industriewäldern in gesunde Ökosysteme, erklärt beispielsweise das 12-Punkte-Papier des NABU.